Emmer – das unterschätzte Urgetreide
Emmer, die fast vergessene Ähre, ist bei uns nicht so beliebt wie andere Getreidesorten. Aber es lohnt sich, sie als Koch- und Backzutat neu kennenzulernen. Denn ihre kleinen Körnchen überzeugen mit herzhaftem Biss, feinem Nussaroma und tollen Inhaltsstoffen.
Was ist Emmer für ein Getreide?
Bei Emmer (Triticum dicoccum) handelt es sich im eine der ältesten kultivierten Getreidesorten. Botanisch zählt die Pflanze zur Gattung der Weizenarten und wird der Familie der Süßgräser (Poaceae) zugeordnet.
Emmer wird auch als „Urgetreide“ bezeichnet. So werden alle Getreidearten genannt, die sich vor tausenden von Jahren ohne Eingreifen durch den Menschen wild aus verschiedenen Gräserarten kreuzten. Neben Emmer zählen dazu auch Einkorn, Kamut und Ur-Roggen. Durch ertragreichere Sorten wie Brotweizen und Roggen wurden sie lange verdrängt und spielten in der Ernährung kaum noch eine Rolle. Inzwischen weiß man die gesundheitlichen und kulinarischen Vorteile vom Emmer und Co. aber wieder zu schätzen und die traditionsreichen Körnchen erleben ein kleines Comeback.
Wie sieht Emmer aus?
Emmer wird auch Zweikorn genannt. Diese Bezeichnung verdankt das Getreide der Tatsache, dass an jeder Ährenspindel zwei Körner wachsen – anders als bei seinem nahen Verwandten, dem Einkorn. Hier bringt jede Spindelstufe nur ein Körnchen hervor.
Es gibt rote, weiße und schwarze Emmersorten. Als besonders robust und reich an Betacarotin gilt der Emmer mit schwarzer Färbung (Triticum dicoccum var. atratum), der als Wintergetreide gesät wird. Allen Varianten gemeinsam: Sie zählen zu den Spelzgetreiden. Jedes Korn, das auf den bis zu 1,50 Meter hohen Ähren sitzt, ist also von einer festen Hülle (dem Spelz) umgeben. Er dient als natürlicher Schutzschild vor Krankheiten und schädlichen Umwelteinflüssen, macht das Urgetreide resistent und ermöglicht die Reduzierung von Pestiziden im Anbau.
Einen praktischen Nachteil hat der Spelz allerdings auch: Die Kornhülle wird beim Dreschen (also der Ernte) nicht entfernt und muss in der Mühle in einem zusätzlichen Verarbeitungsschritt abgetrennt werden. Das ist einer der Unterschiede zu modernem Weizen. Und bei genauem Hinsehen kann man noch weitere Abweichungen zwischen den Getreidearten entdecken.
Emmer vs. Weizen
Emmer ist deutlich weniger ertragreich als Weizen (und übrigens auch Dinkel), weshalb er im Vergleich immer noch eine stark untergeordnete landwirtschaftliche Rolle spielt. Durch den niedrigeren Anteil am Klebereiweiß Gluten hat Emmermehl außerdem andere Backeigenschaften. Um daraus Brot, Kuchen und Pasta herzustellen, braucht man etwas Übung und Fingerspitzengefühl. Dafür kann das Urkorn mit seinen guten Inhaltsstoffen auf ganzer Linie überzeugen.
Wie gesund ist Emmer?
Das Urkorn zeichnet sich durch einen hohen Anteil an Proteinen aus, die unter anderem als Bausteine für Zellen, Gewebe und Hormone im Körper benötigt werden. Mit seinem Ballaststoffgehalt kann es eine gesunde Verdauung unterstützen und das Sättigungsgefühl positiv beeinflussen. Zudem liefern die Körnchen mit Magnesium, Zink, Phosphor, Eisen, Kalium und Kupfer einen kunterbunten Nährstoffmix.
Ob Emmer gesünder ist als Weizen oder andere Getreidesorten, lässt sich nicht pauschal beantworten. Bei Getreide kommt es vor allem auf den Ausmahlungsgrad an: Je stärker ein Produkt verarbeitet und ausgemahlenen wurde, desto weniger nahrhaft ist es, da die guten Inhaltsstoffe vor allem in den Kornrandschichten sitzen. Bei Mehl lässt sich das gut an der Typenzahl erkennen: je niedriger, desto stärker ausgemahlen ist es. Um einen aussagekräftigen Vergleich anzustellen, muss die Nährstoffbilanz des ganzen Korns betrachtet werden.
Emmer: Nährwerte im Vergleich
Nährwerte pro 100 g | Emmer | Dinkel | Weizen |
Kalorien | 345 kcal | 366 kcal | 327 kcal |
Fett | 3,9 g | 2,2 g | 1,8 g |
Kohlenhydrate | 59,4 g | 67 g | 60 g |
Ballaststoffe | 11,2 g | 11 g | 13 g |
Eiweiß | 12,6 g | 14 g | 11 g |
Ist Emmer glutenfrei?
Als Weizenart enthält auch das Emmerkorn Gluten. Da die Zusammensetzung des Klebereiweißes sich aber in seiner Struktur unterscheidet, gilt das Urkorn insgesamt als etwas besser verträglich. Liegt also eine Weizensensitivität vor, kann Emmer als Alternative ausprobiert werden. Bei einer Zöliakie hingegen müssen alle glutenhaltigen Lebensmittel strikt gemieden werden.
Verwendung von Emmer in der Küche
Emmer überzeugt in unterschiedlichen Produkten mit seinem nussigen Aroma. Wer schnell auf den Geschmack kommen möchte, kann das Zweikorn in Form von Emmerbrot, Pasta oder Flocken probieren.
Mit Emmermehl kann man in der Küche wunderbar selbst backen: Kuchen, Quiche, Brot, Brötchen und Kekse bekommen dadurch eine appetitliche Färbung und einen würzigen Geschmack.
Grundsätzlich kannst du andere Mehlsorten beim Backen 1:1 mit Emmermehl austauschen. Du solltest jedoch damit rechnen, dass Gebäcke daraus weniger elastisch sind und nicht so gut aufgehen. Darum wird das gemahlene Urkorn gern mit anderem Getreidemehl kombiniert.
In vielen Reformhäusern und Bio-Supermärkten wird inzwischen auch sogenannter Perl-Emmer angeboten. Die entspelzten und geschliffenen Körnchen werden auch als Bayerischer Reis oder Emmerreis bezeichnet und lassen sich wie Reis zubereiten. Nach 25 Minuten Kochzeit schmecken sie gut als nussige Beilage, in Suppen, Eintöpfen oder Aufläufen. Emmerreis kann überall dort verwendet werden, wo sonst Couscous, Bulgur, Reis oder Graupen zum Einsatz kommen.
Gut zu wissen
Das Getreide Emmer eignet sich nicht nur gut zum Kochen und Backen, sondern kommt auch in der Getränkeherstellung zum Einsatz. Emmerbier besteht aus Emmer und anderen Traditionsgetreiden. Es schmeckt kräftig malzig und hat eine dunkle, karamellartige Farbe.