Wirsing
Galt Wirsing früher als Essen für arme Leute, punktet er heute mit überzeugenden Argumenten: Wirsing ist nahrhaft, in der Küche vielseitig einsetzbar und in der Regel das ganze Jahr über erhältlich. Doch woher stammt der Kohl, der besonders durch seine gewellten Blätter auffällt? Wie unterscheidet er sich von anderen Kohlsorten und wie bereitest du ihn am besten zu?
Was ist Wirsing?
Der Wirsing ist ein Kopfkohl und zählt wie jede andere Gemüsekohlart zur Familie der Kreuzblütengewächse. Zu seinen engsten Verwandten gehört neben dem Weißkohl auch der Rotkohl. Allerdings wächst der Wirtz, wie das Gemüse zum Beispiel in der Schweiz genannt wird, deutlich flinker als die anderen beiden Arten. Das ist auch der Grund für sein charakteristisches Aussehen. Denn neben gewellten, stark geäderten Blättern, fällt der Wirsing im Vergleich zu anderen Kohlsorten durch seine lockere Schichtung auf. Außerdem verfügt er über einen deutlich stärkeren Strunk.
In der Zucht kommt es darauf an, ab einem bestimmten Zeitpunkt die Entwicklung der Blüten zu unterbrechen. Das ist wichtig, damit der Wirsing weiterhin ausschließlich Blätter ausbildet. Denn dies sind die Pflanzenteile, die der Mensch verzehren kann. Wie die meisten Kohlarten wächst auch der Wirsing rosettig. Das bedeutet, dass die krausen Blätter alle ungefähr auf der gleichen Höhe sitzen und eine Blattrosette bilden. Es entsteht ein spitzer Kopf, der in der Regel grün, manchmal aber auch gelblich gefärbt sein kann.
Woher kommt der Wirsing?
In Bayern heißt er Wirsching, in Teilen der Schweiz Köhli und in Österreich oft einfach nur Kohl. In Deutschland bezeichnen wir ihn aber meistens als Wirsing. Dabei handelt es sich um eine Abwandlung des lateinischen Begriffs viridia, den man heute mit „grüne Gewächse“ übersetzen würde.
Eine in manchen Teilen der Welt geläufige Bezeichnung, die ziemlich genau auf den Ursprung des Wirsings hindeutet, ist Savoyerkohl. Nachdem bereits im 11. Jahrhundert – auch sprachlich – zwischen Rot- und Weißkohl unterschieden wurde, tauchte der gewellte Kopfkohl zum ersten Mal im 16. Jahrhundert im allgemeinen Wortschatz auf. Und zwar im Südosten Frankreichs und im Nordwesten Italiens. Dort befindet sich die Region Savoyen. Bis heute sprechen Niederländer daher vom savooiekool, US-Amerikaner und Briten vom savoy cabbage und Norweger von savoykål. Aufgrund der geografischen Nähe zur italienischen Metropole Mailand nennen viele Franzosen den Wirsing noch heute, ganz pragmatisch, chou de milan.
Wie wird Wirsing angebaut und wann hat er Saison?
Seit dem 18. Jahrhundert wird Wirsing in Deutschland angebaut. Die Erfahrung mit älteren Kohlarten hat gezeigt, dass auch der Wirsing ein sogenannter Starkzehrer ist. Wer den Kohl kultivieren will, braucht demnach einen nährstoffreichen Boden und große Wasservorräte. Wichtig ist außerdem, dass der Untergrund einigermaßen fest ist. Da die Kohlköpfe irgendwann zu schwer für den Strunk werden, wachsen sie nicht mehr in die Höhe, sondern liegen einfach auf der Erde auf.
Eine Besonderheit dieser Pflanze: Wirsing hat keine Saison und ist im Prinzip immer frisch verfügbar. Da er im Gegensatz zu anderen Kohlsorten wenig Sonnenlicht benötigt und im Allgemeinen wenige Ansprüche an die äußeren Bedingungen hat, kann er das ganze Jahr über angebaut und dementsprechend auch regelmäßig geerntet werden. Passend zu den Jahreszeiten gibt es Früh-, Sommer-, Herbst und Winterwirsing. In der warmen Jahreszeit wächst er schneller als in der kalten. Früher Wirsing wird also früher geerntet und ist im Durchschnitt etwas kleiner. Deutlich ertragreicher ist die Ernte des Winterwirsings, da die Kohlköpfe sich länger im Wachstum befinden und mehr Masse haben. Das betrifft die Wirsing-Sorten Alaska, Vertus oder Marner Grüfewi. Diese Exemplare werden oft eingelagert. In der Tiefkühltruhe hält sich Wirsing in der Regel auch sehr lange – mindestens ein Jahr.
Welche Inhaltsstoffe stecken im Wirsing?
Dass man beim Wirsing auch vom Wintergemüse spricht, hat nichts mit möglichen Anbauzeiten zu tun, sondern mit den enthaltenen Nährwerten. Bis heute, aber vor allem in der Vergangenheit, ist der krause Kohl gerade im Winter fester Bestandteil des Speiseplans vieler Familien. Denn er galt schon damals als zuverlässiger Lieferant von Vitaminen und Mineralstoffen – insbesondere in der kalten Jahreszeit. Mit rund 50 mg Vitamin C pro 100 g decken bereits 200 g Wirsing den Tagesbedarf eines Erwachsenen. Außerdem stecken 236 mg Kalium (pro 100 g), aber nur 0,3 g Fett und lediglich 2,3 g Kohlenhydrate im Wirsing.
Wie bereitet man Wirsing am besten zu?
Da man unabhängig von der Jahreszeit eigentlich immer frischen Wirsing kaufen kann, sind regionale Produkte in der Regel gut zu bekommen. Entscheidest du dich beim Kauf für einen Wirsing, der aus deiner direkten Umgebung stammt, sorgst du nicht nur für ein leckeres Gericht, sondern auch für eine saubere Ökobilanz. Mit dem Wirsing im Einkaufsbeutel sind dir kulinarisch keine Grenzen gesetzt. Im Auflauf, in der Suppe oder als Roulade; gebraten, gebacken oder gedünstet – Wirsing ist unglaublich vielseitig und macht so gut wie jedes Gericht schmackhafter und in der Regel auch etwas gesünder.
Wer großen Wert auf den Erhalt der vielen Vitamine und Mineralstoffe legt, sollte das Gemüse schonend zubereiten – im Idealfall also dünsten. Dazu werden die äußeren Blätter entfernt und der restliche Kohlkopf gewaschen. Um den Strunk zu entfernen, schneidet man den Wirsing in der Mitte durch. Dann kannst du ihn vierteln. Im Anschluss zerkleinerst du den Rest nach Belieben. Zusammen mit etwas Oliven- oder Rapsöl – und je nach Geschmack mit einer frischen Zwiebel oder etwas Knoblauch – wandert der Kohl in den Topf und schwitzt bei geringer Hitze fünf Minuten an. Lösche ihn direkt mit etwas Rinder- oder Gemüsebrühe ab und nehme ihn nach zehn Minuten Garzeit vom Herd. Der Wirsing sollte nun das Aroma aufgenommen haben, aber trotzdem noch frisch und bissfest schmecken.